Tierheim Dorsten klagt über massive Probleme

"Deutschlands Tierheime sind am Ende" - so beginnt eine Petition von vielen Tierheimen bundesweit, die sich an die Bundesregierung richtet. Sie soll auf Missstände wegen Überfüllung hinweisen und wird auch vom Dorstener Tierheim unterstützt.

© www.canva.com

Katzen-Aufnahmestopp im Dorstener Tierheim

Das Tierheim Dorsten kann kaum noch Tiere aufnehmen. Bei Katzen gebe es aktuell sogar einen Aufnahmestopp bei Abgabetieren, sagte uns Leiterin Annika Niemann. Abgabetiere sind Katzen, die Halter aus persönlichen Gründen wieder loswerden wollen. 71 Katzen seien derzeit in Dorsten untergebracht. Normal seien 60. Lediglich entlaufene Katzen kommen in Dorsten noch unter. Weil das Tierheim dazu verpflichtet sei, Fundtiere aufzunehmen, müsse man hier immer einige Plätze freihalten, so Niemann. Bei den Hunden sind von 15 Käfigen derzeit 12 belegt. Hier sei noch minimal Luft, weil zuletzt zwei Hunde vermittelt werden konnten. Das Problem ist nicht neu. Schon im letzten Jahr gab es Meldungen über volle Tierheime. Jetzt scheint sich die Lage aber weiter zuzuspitzen.

Unkontrollierte Tiervermittlung über das Internet

Nach Angaben des Dorstener Tierheims bekommt es seit Monaten fast täglich Abgabeanfragen - aus ganz NRW und zum Teil auch aus anderen Bundesländern. Das sei einfach nicht mehr zu stemmen, sagte die zweite Vorsitzende des Dorstener Tierschutz-Vereins Marina Hinz. Der Grund für den Andrang: Es gebe zu viele Hobbyzüchter und vor allen Dingen unseriöse Anbieter aus dem Ausland, die ohne große Kontrolle Tiere vermitteln. Und ein großes Problem sei natürlich auch der unkontrollierte Verkauf über das Internet. So gebe es immer mehr Hundehalter, die feststellen, dass es doch nicht passt und ihr Tier wieder loswerden wollen.

Tierheim Dorsten: Abgegebene Tiere werden immer aggressiver

Die unkontrollierte Vermittlung von Haustieren führt offenbar auch dazu, dass immer mehr Tiere falsch betreut werden. Sie werden dann oft mit Verhaltensstörungen an die Tierheime abgegeben und sind auch schon Mal gefährlich, wenn sie bissig werden. Im Dorstener Tierheim sei eine Tierpflegerin erst vor einigen Monaten von einem Hund gebissen wurden, sagte uns Leiterin Annika Niemann. Ein weiterer Hund sei jetzt als unvermittelbar eingestuft worden, weil er zwei Herrchen ins Gesicht gebissen hatte. Er werde jetzt bis zu seinem Lebensende im Tierheim bleiben und so aber auch anderen Hunden den Platz wegnehmen. Und auch bei den Katzen habe der große Andrang Auswirkungen. Niemann sagt:

"Zum Teil sind Pfleger auch schon von gestressten und aggressiven Katzen angesprungen worden, wenn sie die Box öffneten. Die aggressiven Tiere machen es nötig, dass Mitarbeiter zusätzliche Schulungen machen müssen."
Annika Niemann - Leitern des Dorstener Tierheims - mit Hund Kibo. Er hat seinen Besitzern mehrfach ins Gesicht gebissen und kann deshalb nicht mehr vermittelt werden. © Radio Vest
Annika Niemann - Leitern des Dorstener Tierheims - mit Hund Kibo. Er hat seinen Besitzern mehrfach ins Gesicht gebissen und kann deshalb nicht mehr vermittelt werden.
© Radio Vest

Dorstener Tierheim hat finanzielle Probleme

Durch die Belastung, die Mehrarbeit und den grundsätzlich höheren Aufwand wie etwa auch beim Futter kommen auch noch finanzielle Probleme dazu. Das Tierheim finanziert sich durch Zuschüsse und Spenden und die reichen nicht aus, so das Tierheim. Es fordert daher die Stadt Dorsten dazu auf, die Finanzierung der Fundtier-Betreuung komplett zu übernehmen. Dabei hatte die Stadt den jährlichen Zuschuss zuletzt verdoppelt. Sie war der Ansicht, dass das reichen müsste und vertrat darüber hinaus die Ansicht, dass vor Ort zu viel Personal beschäftigt wird: Es sind fünf Vollzeitkräfte und zwei Auszubildende.        

Brandbrief und Petition an die Bundesregierung

Elena Iva Cujic vom Bündnis Schattenhund hatte eine Petition gestartet und unter anderem an Cem Özdemir, den Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, gerichtet. Diesem Brandbrief haben sich bundesweit viele Tierheime angeschlossen. Angesichts der vollen Tierheime zeichnet Cujic ein äußerst düsteres Bild.

"Verzweifelte Hundehalter lassen ihre Hunde bereits durch Tierärzte töten, töten sie selbst oder versuchen, sie unter Angabe falscher Tatsachen im Tierheim abzugeben oder im Internet zu verkaufen. Wann handeln Sie endlich?"

Die Tierschützer schlagen Alarm & fordern:

  1. Nachhaltige Maßnahmen zur Eindämmung und Überwachung des (illegalen) Welpen- und Hundehandels. Insbesondere im Internet!
  2. Konsequente Kontrollen und Reglementierungen für den übermäßigen Import von Hunden aus dem Ausland
  3. Durchsetzung des Qualzucht-Verbots, sowie Verbot der wahllosen, nicht ausreichend reglementierten Vermehrung von Hunden
  4. Existenzsichernde, moderne Finanzierungsmodelle für Tierheime und schnelle Hilfe in Notsituationen
  5. Eine Registrier- und Kennzeichnungspflicht für Hunde
  6. Einen Befähigungsnachweis für Neu-Hundehalter
  7. Eine fachlich fundiertere Ausbildung für Tierpfleger und erweiterte Qualifizierungsmöglichkeiten
  8. Ein einheitliches Prozedere zur Anerkennung des Hundetrainer-Berufs
  9. Die Stärkung der Städte und Kommunen, um bestehende Gesetze und Verordnungen zum Schutz der Tiere entsprechend umzusetzen
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