US-Gesandter: Israel und Syrien stimmen Waffenruhe zu

Nahostkonflikt - Syrien
© Ghaith Alsayed/AP/dpa

Lage im Überblick

Tel Aviv/Damaskus/Gaza (dpa) - Nach den israelischen Luftangriffen gegen syrische Regierungstruppen infolge der Gewalt zwischen Drusen und Beduinen haben sich beide Nachbarländer nach US-Angaben auf eine Waffenruhe verständigt. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der syrische Präsident Ahmed al-Scharaa hätten mit US-Unterstützung einer Waffenruhe zugestimmt, teilte der US-Botschafter in der Türkei und Sondergesandte für Syrien, Thomas Barrack, auf X mit. US-Präsident Donald Trump schürt derweil die Hoffnung auf einen baldigen Deal im Gaza-Krieg. 

In den vergangenen Tagen war es in Syrien zu Kämpfen zwischen drusischen Milizen einerseits und sunnitischen Beduinen und Regierungstruppen andererseits gekommen. Israel hatte eingegriffen und Konvois der syrischen Regierungsarmee auf dem Weg nach Suwaida, aber auch Regierungsgebäude in der Hauptstadt Damaskus bombardiert. Israel begründete das mit dem Schutz der Drusen. Zudem will Israel nach dem Sturz des syrischen Ex-Machthabers Baschar al-Assad keine Militärkräfte im Süden Syriens dulden, der an Israel grenzt.

Syriens Übergangspräsident ruft zu Zurückhaltung auf 

Der US-Sondergesandte Barrack schrieb auf X: «Wir rufen Drusen, Beduinen und Sunniten auf, ihre Waffen niederzulegen und gemeinsam mit anderen Minderheiten eine neue und geeinte syrische Identität aufzubauen, die Frieden und Wohlstand mit ihren Nachbarn schafft.» Barrack sprach von einem «DURCHBRUCH». Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte dauerten die am vergangenen Sonntag ausgebrochenen Kämpfe an. 

Die Zahl der Toten sei inzwischen weiter auf 718 gestiegen, hieß es. Unabhängig überprüfen lässt sich die Zahl nicht. Die Angaben der Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien, die den Konflikt in Syrien mit einem Netz aus Aktivisten verfolgt, gelten aber als in der Regel verlässlich. Der syrische Übergangspräsident Al-Schaara rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. 

Zuvor hatten Sicherheitskräfte seiner Regierung Stellung an den Rändern der gleichnamigen Provinzhauptstadt bezogen, um erneut dort einzurücken. Nach Angaben aus der Hauptstadt Damaskus sollen die Regierungstruppen die lokalen Konfliktparteien auseinanderhalten. Israel erklärte sich laut Medienberichten bereit, die Präsenz von Sicherheitskräften der syrischen Regierung in der Provinz für einen Zeitraum von 48 Stunden zu dulden.

Israel misstraut Regierung in Damaskus 

Der jüdische Staat misstraut der Übergangsregierung in Damaskus, weil sie aus islamistischen Milizen hervorging. Al-Scharaa hatte wiederum Israel vorgeworfen, sein Land in einen Krieg hineinziehen zu wollen. Israels Ministerpräsident Netanjahu hatte den Schutz der «drusischen Brüder» als rote Linie ausgegeben. Die Drusen sind eine religiöse Minderheit, die aus dem schiitischen Islam entstanden ist. Sie leben in Syrien, dem Libanon, Israel und Jordanien. In Israel nehmen die Drusen eine Sonderstellung ein, weil sie anders als muslimische und christliche Araber Militärdienst leisten. 

Bereits in den vergangenen Monaten hatte es in Suwaida, der Hochburg der Drusen, bewaffnete Konfrontationen gegeben. Die jüngsten Kämpfe sind die schlimmsten. Dutzende drusische Zivilisten sollen von Sicherheitskräften hingerichtet worden sein. Die Kämpfe seien das Werk «gesetzloser bewaffneter Gruppierungen», sagte Al-Scharaa in einer von seinem Amt veröffentlichten Erklärung. «Sie greifen zur Waffengewalt, um ihren Willen durchzusetzen und riskieren damit das Leben von Zivilisten – Kindern, Frauen und Alten». 

Rotes Kreuz berichtet von schlimmen Zuständen

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) beschrieb die humanitäre Lage in Suwaida als kritisch, Gesundheitseinrichtungen seien überlastet. «Das IKRK erhält verzweifelte Hilferufe aus der Bevölkerung, die unter einem gravierenden Mangel an Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, Strom und medizinischer Versorgung leidet», teilte die Organisation mit. Die Gewalt behindere die Lieferung lebensrettender Hilfe. Den Helfern müsse sofortiger, sicherer und ungehinderter Zugang in das Krisengebiet gewährt werden. 

Unter Vermittlung der USA, der Türkei und arabischer Staaten war es diese Woche eigentlich zu einer Waffenruhe gekommen, am Donnerstag hatten sich die Regierungstruppen an die Stadtränder von Suwaida zurückgezogen. Drusische Milizen übernahmen die Kontrolle, was zur Flucht beduinischer Einwohner führte. Doch dann kam es in der gleichnamigen Provinz laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte und des UN-Menschenrechtsbüros erneut zu bewaffneten Auseinandersetzungen. 

Trump: Zehn Geiseln kommen bald in Gaza frei

Unterdessen äußerte US-Präsident Trump erneut die Hoffnung, dass es bei den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas in Gaza über eine 60-tägige Waffenruhe und die Freilassung von zehn der noch lebenden Geiseln bald zur Einigung kommt. Der Republikaner sagte, man werde «sehr bald» zehn Geiseln bekommen - man hoffe, dass das ziemlich schnell abgeschlossen sein werde. Die Hamas hatte der Freilassung von zehn Geiseln nach eigenen Angaben bereits zugestimmt, sah zuletzt aber noch ungelöste Streitpunkte. 

Auslöser des Gaza-Krieges war der beispiellose Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terrororganisationen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. Seither wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 58.000 Palästinenser in Gaza getötet. Die kaum überprüfbare Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern. Nach israelischem Erkenntnisstand sind noch mindestens 20 Geiseln am Leben.

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Nahostkonflikt - Madschdal Schams
Israel keine syrischen Militärkräfte im Süden des Nachbarlandes dulden. © Ilia Yefimovich/dpa
Israel keine syrischen Militärkräfte im Süden des Nachbarlandes dulden.
© Ilia Yefimovich/dpa
US-Präsident Trump
US-Präsident Trump schürt einmal mehr Hoffnung auf einen baldigen Geisel-Deal im Gaza-Krieg. (Archivbild)© Alex Brandon/AP/dpa
US-Präsident Trump schürt einmal mehr Hoffnung auf einen baldigen Geisel-Deal im Gaza-Krieg. (Archivbild)
© Alex Brandon/AP/dpa
Syriens Übergangspräsident Al-Scharaa bei Erdogan in der Türkei
Syriens Übergangspräsident ruft alle Seiten zur Zurückhaltung auf. (Archivbild)© Francisco Seco/AP/dpa
Syriens Übergangspräsident ruft alle Seiten zur Zurückhaltung auf. (Archivbild)
© Francisco Seco/AP/dpa

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